Einführung
Der einführende Beitrag gibt einen Überblick zu den grundsätzlichen praktischen
Fragestellungen der Langzeitarchivierung und aktuellen Lösungsansätzen. Folgende
Fragen werden angesprochen: Was ist eigentlich Langzeitarchivierung? Was soll
langfristig gesichert werden? Wer soll diese Sicherung übernehmen? Welche Techniken
und Strategien gibt es für die Langzeitarchivierung digitaler Objekte? Was wird /
könnte das kosten? Was wird derzeit zur Langzeitarchivierung digitaler Objekte schon
unternommen? Was sind derzeit die zentralen offenen Fragen?
Lektion I - Metadaten: Was? Warum? Wie?
Die Lektion "Metadaten: Was? Warum? Wie?" gibt eine Einführung in die Thematik
Metadaten mit den Schwerpunkten descriptive (beschreibende), administrative und
technische Metadaten unter Berücksichtigung der digitalen Langzeitarchivierung.
Dabei werden besonders die beiden wichtigen internationalen Standards DCMES und
PREMIS berücksichtigt. Mit Hilfe beider Standards ist es möglich, den "Lebenszyklus"
eines digitalen Objektes so zu beschreiben, wie es für die digitale
Langzeitarchivierung erforderlich ist.
Die Teilnehmer sollen mit Hilfe der Lektion und der sich anschließenden Übung
ein besseres Verständnis für Metadaten bekommen und darüber entscheiden können,
welche einzelnen Metadatenelemente wichtig im Lebenszyklus eines digitalen
Objektes sind. An Hand von konkreten Beispielen können bestimmte Szenarien
(z.B. Digitalisierung) exemplarisch durchgespielt werden, um die ganze Bandbreite
an wichtigen Metadatenelementen zu erarbeiten.
Lektion II - Format als wichtiges Metadatenelement
Formate machen aus einem Strom von Einsen und Nullen Informationsobjekte. Immer,
wenn es um digitale Objekte geht, haben wir es zumindest implizit auch mit
Formatfragen zu tun. Nicht nur die Vielfalt von Formaten, sondern auch dass sich
Dateien oft nicht genau an ihr Format halten, erschwert die Langzeiterhaltung.
Um ein grundlegendes Handwerkzeug für den Umgang mit Formaten im Bereich der
Langzeitarchivierung zu vermitteln, werden in dieser Lektion Kriterien für die
Formatauswahl, das Konzept der Significant Properties und technischen Metadaten
und die Metadaten auf Datei- und Formatebene in LMER und PREMIS vorgestellt und
diskutiert. Eine kurze Vorstellung von Hilfsmitteln im Umgang mit Formaten wird
die Lektion abschließen. In der anschließenden Übung sollen die Konzepte am Fall
eines Office-Dokuments in verschiedenen Varianten durchgespielt werden.
Lektion III - OAIS als Modell im Rahmen der digitalen Langzeitarchivierung
Lektion: Das Open Archive Information System (OAIS) als Referenzmodell für ein
digitales Langzeitarchiv. Neben der Darstellung von Archivierungsprozessen steht
ein spezieller Blickwinkel auf die archivierte Information und die archivierten
Objekte im Mittelpunkt des OAIS. OAIS-Konformität bedeutet, sich diesen Blickwinkel
anzueignen, der unter Archivierung weniger den Erhalt von Objekten versteht, als
den Erhalt von interpretierbarer Information. Aus dieser Philosophie heraus erfolgt
konsequenter Weise der Aufbau und Umgang von Informationspaketen innerhalb des
Archivierungsprozesses. Terminologie, Aufbau und Beispiele für die konkrete Umsetzung
dieser Informationspakete werden neben den einzelnen Prozessen (Ingest, Preservation
Planning, Administration, Dissemination) den Hauptteil der Lektion ausmachen.
Übung: Wählen Sie eine bestimmte Kategorie digitaler Objekte aus Ihrem beruflichen
oder privaten Leben aus, die Sie archivieren wollen. Wie liegen diese Objekte vor,
welche Informationen enthalten sie, was ist die kleinste sinnhafte Informationseinheit?
Entwerfen Sie ein Informationspaket für Ihr Archiv. Wie sieht die "Representation
Information" die "Preservation Description Information" und die "Designated
Community" aus? Wie könnten die einzelnen Referenzprozesse des OAIS-Modells
für ihre Sammlung technisch umgesetzt werden (z.B. Ingest von Dissertationen,
etc.)?
Lektion IV - Kriterien für die Auswahl bewahrungswürdiger digitaler Objekte
In Anbetracht der Komplexität von Systemen zur digitalen Langzeitarchivierung und
ihrer absehbar hohen Kosten ist die Auswahl der tatsächlich als bewahrungswürdig
anzusehenden Objekte ein kritischer Punkt: Die Langzeitarchivierung muss
finanzierbar bleiben, andererseits sind nicht archivierte "born digitals" bei
einer negativen Entscheidung dann auch restlos verschwunden. Die Aussagen der
UNESCO Charter on the Preservation of Digital Heritage zu den Auswahlkriterien
sind differenziert, aber auch allgemein gehalten. Deshalb sollen sie in dem Workshop
näher spezifiziert werden anhand von Unterlagen aus dem Kulturerbebereich, die
Selektionskriterien für andere Zwecke formulieren. Das Material wurde beispielhaft
aus den Bereichen Archiv, Bibliothek und Museum sowie aus dem Kulturgutschutz
zusammengestellt.
Prioritätensetzungen bei der digitalen Langzeitarchivierung hängen von diversen
Faktoren ab und führen je nach Konstellation zu unterschiedlichen Szenarien
und Ergebnissen. In Übungen werden sollen beispielhaft "Kriterienraster" entworfen
und anhand von Beispielmaterial geprüft und diskutiert werden. Das Durchspielen
unterschiedlicher Möglichkeiten dient der Sensibilisierung für das Problemfeld der
Selektion direkte Übertragbarkeit in die berufliche Praxis ist nicht das Ziel
des Workshops.
Vortrag: Rahmenbedingungen für die digitale Langzeitarchivierung Preservation Policy
Die Langzeitarchivierung digitaler Objekte bedarf umfangreicher und verbindlicher
Regelungen, die eine geordnete und dauerhafte Bereitstellung des digitalen
Kulturerbes ermöglichen.
Diese Regelungen werden mit dem Begriff Policy zusammengefasst. Bei einer
Preservation Policy handelt es sich um den Plan zur Bestandserhaltung.
Policies sind nicht zeitlich befristet, sondern auf dauerhaften Bestand angelegt.
Sie werden üblicherweise anhand ihres Geltungsbereiches unterschieden. Am
geläufigsten sind nationale oder institutionelle Preservation Policies. Aber
auch internationale Policies werden entwickelt und können maßgeblich zur
Erarbeitung und Umsetzung nationaler Policies beitragen. Ein herausragendes
Beispiel für eine internationale Policy ist die "Charta zur Bewahrung des
digitalen Kulturerbes", die am 17. Oktober 2003 auf der 32. Generalkonferenz
der UNESCO verabschiedet wurde.
Lektion V - Vertrauenswürdige Archive
Die Langzeitarchivierung digitaler Objekte erfordert, daß sowohl Produzenten
digitaler Objekte als auch spätere Rezipienten einschätzen können, wie und in
welcher Form die Objekte aufbewahrt und bereit gestellt werden. Ziel ist es, die
Objekte so zuerhalten, daß sie zu einem späteren Zeitpunkt immer noch aussagefähig
sind, d.h. daß ihre Echtheit, ihr Ursprung und ihre Kerneigenschaften (
Authentizität, Integrität) unversehrt bleiben. Um dies überprüfbar zu machen,
werden Kriterien an die Institutionen gestellt, die die Dienstleistung "Archivierung
digitaler Objekte" anbieten. Diese Kriterien betreffen sowohl organisatorische
als auch technologische und technische Maßnahmen, die zu treffen sind, um
Authentizität und Integrität zu bewahren. Entscheidend dabei ist, dass sowohl
die Produzenten als auch die Rezipienten ein entsprechendes Vertrauen in diese
Maßnahmen besitzen. Dabei kommen in den unterschiedlichen Anwendungsbereichen,
wie Bibliothek, Archiv, Museum, Unternehmen im Detail verschiedene Maßnahmen
zum Einsatz, die jedoch auf einer abstrakten Ebene wieder zu den gleichen
Kriterien zugeordnet werden können.
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